30 Jahre Gildebrief -
ein Rückblick.
Das Jahr 2013 ist ein Jubiläumsjahr für uns! Der deutsche Gildebrief erscheint im 30. Jahr. 1984 begann alles sehr klein, und das ist wortwörtlich gemeint, denn die ersten Gildebriefe wurden im A5-Format gedruckt. Und die Qualität der schwarz-weiß Fotos (außer dem Titelbild – das war immer in Farbe) war auch nicht gerade berauschend, denn zu der damaligen Zeit gab es noch keine Digitalisierung, und Farbfotos zu drucken war unglaublich teuer.
Der Artikeltext wurde von der Druckerei in Spaltenbreite gesetzt und in Streifen geliefert.
Für die Gestaltung der Seite wurden dann diese Streifen zurecht geschnitten und um den Platz für Bilder herum auf eine Seitenvorlage aufgeklebt.
Die Ausgabe Oktober/November 1984 (siehe Foto) war das Heft 1, und seitdem ist der Gildebrief, wenn auch nicht immer pünktlich, aber doch regelmäßig bis zum heutigen Tage erschienen!
Aus der Wiege geholt wurde der Gildebrief seinerzeit von Werner Kesting, Inhaber der Firma Tone & Glasuren Töpfereibedarf Kesting KG, seit Anfang der 80er Jahre auch Importeur von Materialien für Puppenmacher aus den USA.
Eine Zeitschrift zu machen war nicht so einfach, wie es schien. Tagelang war Werner damit beschäftigt, seine ersten Artikel zusammenzutippen und zu gestalten. Erfahrung hatte er keine – es war „learning by doing“, er war ein kompletter Autodidakt. Es begann mit 117 Abonnenten und er machte tapfer weiter, denn aller Anfang ist schwer. Langsam aber sicher stieg die Zahl der Anhänger des Gildebriefs.
Ende 1988 investierte Werner sehr viel Geld in neue Computer-Technik und neueste Software, und im Februar 1989 erschien der Gildebrief zum ersten Mal in stolzer DIN-A4 Größe, komplett von Werner selbst gestaltet, mit Farbfotos innerhalb des Magazins – ein Zeichen dafür, dass es gut lief!
Es gab deutsche Autoren, die regelmäßig für den Gildebrief schrieben, und einige von Ihnen erinnern sich wohl an die interessanten Artikel von Traute von Mendelsohn, Christel Kesting und Karin Röckseisen.
Sogar Artikel von Karin Buttigieg erschienen schon im Jahr 1989. Diese waren der englischen Zeitschrift „The Doll Artisan“ entnommen, die seinerzeit viele Artikel, übersetzt von Christel Kesting, dem Gildebrief zur Verfügung stellte, denn zu der Zeit war die Firma Kesting alleiniger Importeur aller Seeley-Produkte in Deutschland. Damals boomte das Puppenhobby in Deutschland und weltweit!
Das hört sich rückwirkend alles so einfach an, aber es gab unzählige Dramen und Pannen, die immer wieder das pünktliche Erscheinen des Gildebriefs gefährdeten. Artikel wurden zu spät geliefert, es gab Fehler beim Druck, bei den Lithografien, die Gestaltung wurde nicht rechtzeitig fertig, dazu Krankheit, Vergesslichkeit usw. usw. Was schief gehen konnte, ging auch manchmal schief. Aber der Gildebrief erschien letztendlich immer – keine Ausgabe fehlt in den 30 Jahren!
Mitte 1990 erhielt der Gildebrief Verstärkung durch eine professionelle festangestellte Grafikerin.
1992 kam Karin Buttigieg zum Stammteam des Gildebriefs, und Ende 1992 erschien auch die erste englische Ausgabe des Magazins, die Sonderausgabe „Special Issue“ Gildebrief. Damals wurden noch zwei völlig separate Magazine produziert, was natürlich ein unglaublicher Arbeits- und Geldaufwand war! Irgendwann wurde es einfach unbezahlbar.
Seit 1995 ist Karin Buttigieg Herausgeberin des Gildebriefs, nachdem sich Werner Kesting aus dem Geschäftsleben zurückziehen musste.
1996 wurde entschieden, das deutsche Magazin mit einer separaten englischen Übersetzung anzubieten, nachdem man uns versicherte, daß aus technischen Gründen eine deutsche und englische Ausgabe unter Verwendung des gleichen Layouts nicht möglich sei.
Die Lösung fand Werner Kesting Weihnachten 1997, als er unter dem blauen Himmel von Tucson/Arizona saß und seine Freizeit genoss.
Zurück in Deutschland ging es sofort zur Druckerei, um herauszufinden, ob die von ihm ausgetüftelte Idee auch funktionierte. Und die Antwort war: Ja, das ist möglich.
Seit 1998 werden der deutsche und englische Gildebrief im gleichen Layout gedruckt, alles in einem Druckvorgang. Das war für uns ein Segen, denn die Mehrkosten für beide Ausgaben hielten sich im Rahmen.
Den Rest kennen Sie. Mittlerweile ist der Gildebrief das älteste Magazin für Puppenmacher weltweit. Obwohl das Puppengeschäft nicht mehr das ist, was es einmal war, der Gildebrief ist nach wie vor sehr populär, was sicherlich zum großen Teil an der weiterhin sehr hohen Qualität der Artikel liegt.
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Liebe Gildebrief Leser und Leserinnen,
Obwohl dies das letzte Mal ist, dass ich mich im Gildebrief an Sie wende, und ich doch ein leichtes Kribbeln im Bauch verspüre, schaue ich schon in die Zukunft und arbeite an einem neuen Projekt für das kommende Jahr.
Aber bevor ich Ihnen davon erzähle, möchte ich mich auf eine kleine Erinnerungstour begeben. Als ich 1991 nach Deutschland kam, war der Gildebrief schon in seinem 7. Jahr und wurde ausschließlich in deutscher Sprache veröffentlicht. Er war inhaltlich zum großen Teile eine Übersetzung der Artikel des Doll Artisan Guild aus den USA, denn Werner Kesting war zu der damaligen Zeit der Europäische Vertreter der Firma Seeley‘s.
Durch eine Serie von Umständen wurde diese Geschäftsbeziehung beendet. Wir entschlossen uns, den Gildebrief weiterzuführen, aber mit anderem Inhalt und auch in einer zusätzlichen englischen Version. Ich hatte schon seit langem eine feste Vorstellung, was in einem guten Magazin für Puppenmacher enthalten sein sollte, und Werner Kesting gab mir freie Hand meiner Kreativität und meinen Ideen ihren Lauf zu lassen. 1992 entschlossen wir uns, auch eine englische Version in die Realität umzusetzen. Die Anfänge waren wirklich holprig, was das Marketing betraf – wir machten viele gravierende Fehler, da wir keinerlei Erfahrung hatten, wie ein internationaler Vertrieb funktionieren sollte. Wir mussten auf die harte Weise lernen, daß wir nur die Existenz des englischen Gildebriefs sichern konnten, wenn wir die totale Regie ohne Vertreter von Deutschland aus übernahmen. Von da an wurde das Magazin weltweit immer populärer, was uns anspornte, Neues auszuprobieren. Ich wollte Puppenmacher begeistern durch jeweils abgeschlossene Projekte, die in klarer, unprätentiöser Sprache präzise beschrieben wurden und deshalb auch von unerfahrenen Puppenmachern nachgemacht werden konnten. Ich wollte, dass die Artikel und Projekte inspirieren und anregen würden mehr zu wagen, als man sich sonst zugetraut hätte. Ich wollte auf jeden Fall keine „Geheimnisse“ – ein großes Übel der ersten Jahre des Puppenmachens. Es hat schon einige Zeit gedauert, bis Puppenmacher aus aller Welt uns vertrauten, dass wir mehr waren als eine Eintagsfliege, und dass wir zuverlässig und beständig waren. Mit der Zeit erreichte der Gildebrief fast Kult-Status, ein offenes Geheimnis unter Puppenmachern aus aller Welt, es hat viele Jahre gedauert, bis wir offiziell anerkannt wurden.
Zunächst machte die englischsprachige Version nur einen kleinen Teil der Gesamtauflage aus, aber das änderte sich über die Jahre drastisch, bis der englischsprachige bei Weitem mehr Leser und Leserinnen hatte als der deutsche Gildebrief. Anfangs druckten wir zwei total getrennte Magazine – eine deutsche und eine englische Version, bis Werner Kesting während eines Urlaubs in Arizona die Lösung fand, beide Magazine sozusagen in einem Rutsch drucken zu lassen, was enorme Kosten und Zeit sparte. Auch wäre die englische Version nie so professionell ohne die Hilfe meiner guten Freundin Kate Webster geworden, denn sie korrigierte seit dem ersten Magazin alle meine englischen Übersetzungen, so dass aus meiner manchmal recht verkorksten Satzstellung ein fließendes, harmonisches Ganzes wurde. Vielen Dank, Kate – Du warst und bist Spitze!
Viele Autoren haben über die Jahre ihren Beitrag geleistet, viele haben sich auch seither aus verschiedenen Gründen vom Gildebrief und Puppenmachen verabschiedet. Es würde den Rahmen sprengen, alle aufzuzählen. Es sei jedoch allen hiermit nochmal herzlichst gedankt für ihre Beiträge, die zum Erfolg des Gildebriefs und zur weltweiten Verbreitung dieses interessanten und vielschichtigen Hobbys beigetragen haben. Aber erwähnen möchte ich doch besonders Karin Öse Röckseisen, unsere langjährige Reisereporterin, deren interessante, vielseitige, amüsante und sprachlich so gewandte Reisebeschreibungen für Puppenmacher, -sammler und –liebhaber unübertroffen sind. Auch Hanni Buchmann, die das ungemein populäre Projekt der Edison Jumeau Puppe für den Gildebrief (Heft 5/01, 1/02, 2/02, 3/02) kreierte, ist unvergessen. Leider schied sie viel zu früh und unerwartet aus dem Leben und konnte das schöne Damenkleid im Gildebrief 1/2003 nie vollenden.
Einige Autoren begleiten den Gildebrief schon über viele Jahre: Heiderose Thies, deren einzigartige gestrickte und gehäkelte Bekleidung immer wieder Begeisterung hervorruft; Gertrud Wallis, die uns mit ihren enorm kreativen mechanischen Puppen immer wieder überrascht und erfreut; Lianne Hart, deren Liebe zum Sticken allen ihren Kreationen etwas ganz besonderes gibt, Patti Ashe, deren Miniaturpüppchen Begeisterung hervorrufen und, last but not least – Josef Sonnberger, dessen fantastische Garderobe für große französische Bébé-Puppen weltweit seine Fans entzückt. Viele Puppenmacher haben hier und da für den Gildebrief geschrieben und allen bin ich unendlich dankbar, denn alle haben zum Erfolg des Gildebriefs beigetragen.
Aber an erster Stelle stehen Sie, liebe Leserinnen und Leser, denn ohne Sie hätte es keinen Gildebrief gegeben. Sie haben entschieden, dass der Gildebrief für Sie wertvoll genug ist, um dafür zu bezahlen, denn nur so konnten wir den Gildebrief all diese Jahre weiter führen. An dieser Stelle muss ich hiermit auch dem „Büro“ von ganzem Herzen danken – Werner Kesting, der die kaufmännischen Dinge geduldig und effizient über all die Jahre erledigt hat, der genauso geduldig alle Ihre klugen (und nicht so klugen) Anfragen schnell recherchierte und beantwortete, – ohne ihn wäre gar nichts gegangen. Danke, Werner!
Ich möchte nun zum Schluss vor allem Ihnen, liebe Gildebrief-Leser, für Ihren Enthusiasmus und Ihre Loyalität danken. Viele von Ihnen sind Kunden der allerersten Stunde, und ich danke es Ihnen. Obwohl ich jetzt die Herausgabe des Gildebrief einstelle, er ist nicht ganz weg, denn die alten Hefte sind immer noch zu erhalten. Wenn Sie sich vornehmen sollten, alle Projekte im Gildebrief zu machen, werden Sie einige Jahre damit beschäftigt sein. Danke, danke, danke! Sie sind Klasse!
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